
Der Einzug von „eCulture“ im Museum
Noch frisch dabei und lauthals postulierend und trotzdem ist es schon gleich zu Beginn passiert. Mein letzter Beitrag liegt eine Weile zurück! So war das ursprünglich nicht von mir gedacht. Aber was machen, wenn mal wieder alles anders kommt, als geplant. Genau: Spontan und Flexibel bleiben!!!
Wie effektiv ich in den letzten Wochen trotzdem meine Zeit verbracht habe, könnt ihr nachfolgend weiterlesen.
museOn: eine neue Weiterbildungsplattform für den musealen Bereich befindet sich in der Testphase
In den letzten Wochen habe ich mich an dem noch in der Testphase steckenden Online-Weiterbildungsangebot für MuseumsmitarbeiterInnen museOn │Weiterbildung & Netzwerk (http://www.museon.uni-freiburg.de/de/home/) der Uni Freiburg beteiligt, genauer gesagt, ich bin eine der knapp 40 ProbandInnen.
MuseOn, ein Team der Uni Freiburg, testet ein Blended-Learning-Format als Weiterbildungsplattform für das Museumswesen. Hinter dem Begriff Blended-Learning steckt die Definition des integrierten Lernens, d.h. es wird eine Lernform gebildet, die die Vorteile von Präsenzveranstaltungen (face-to-face-Kommunikation) und E-Learning (eigenständiges, zeitlich frei einteilbares, ortsungebundenes Lernen mittels einer Online-Plattform) verbindet. Meine ersten zwei Kurse habe ich abgeschlossen und drei weitere folgen noch. Also kurz Zeit für ein kleines Resümee!
Bereits einer der ersten Kurse hat es geschafft mich zu begeistern und nicht mehr loszulassen. Es ging um das Thema eCulture: partizipative Medien im Museum.
eCulture? E-Culture? E-culture???
Zunächst also geklärt: Was ist eCulture? Eine exakte Erklärung ist noch nicht definiert. Vielmehr beschreibt diese neue Begrifflichkeit einen Sammelbegriff diverser medialer Möglichkeiten, die für die zunehmende digitalisierte Gesellschaft stehen. Der Dozent aus diesem Teilmodulbereich Herr Daniele Turini, zuständig für den Bereich eCulture, Marketing & Kommunikation beim Historischen Museum in Basel, hat sehr passend eine eigene Definition geäußert:
„eCulture beschreibt den Gebrauch interaktiver und partizipativer Kommunikationstechnologien im Kulturkontext. Es dient der digitalen Aufbereitung, Kommunikation sowie Vermittlung des Kulturerbes. eCulture unterstützt den Schwellenabbau, richtet sich an eine Vielzahl unterschiedlicher Publika und stützt sich dabei auf die Pfeiler Unterhaltung, Bildung und Freizeit.“ (Quelle: museOn, eCulture, Herr Turini 17.05.2016)
Vermittelt wurden in diesem Kurs erste Methoden zur eigenen eCulture-Strategie im Museum. Nach etlichen E-Lectures und mit immer wieder neu ausgestatteten Hands-On-Aufgaben wurde uns TeilnehmernInnen die Möglichkeiten der gesamten partizipativen Medien mit ihren sozialen Kanälen aufgezeigt, erklärt und uns Maßstäbe hinsichtlich einer Bewertung vermittelt. Und man glaubt es kaum wie vielfältig das Netz vor allem auch für die Welt der Kultur sein kann. O.K. auch ich habe bereits von Tweet-Ups im Museum gehört und natürlich ist mir bewusst, dass eine gute Homepage als erste digitale Referenz an die Öffentlichkeit nicht fehlen darf und auch das Thema Bloggs ist mir nicht ganz fremd :-), aber wie vielfältig und innovativ man diese und weitere Medien nutzen kann, ist mir in dieser Form noch nicht bewusst gewesen. Stichworte: Whats-App Live-Chat, Fundraising, Serious Games, …
Großer Streitpunkt: Soziale Medien vs. Museum oder doch eher Museum feat. Soziale Medien?!?!
Leider – und ich betone LIEIDER – stellt für viele Museen da soziale und digitale Netzwerk eher eine kosmische Unnahbarkeit dar, als ein adäquates Arbeitsmittel. Vorgeschoben werden dabei u.a. die fehlenden finanziellen Mittel. Dabei wird viel Potential vergeudet. Die sozialen Medien, wie Facebook, Twitter, Instagram, Pinterest usw. weisen noch immer einen eher fragwürdigen Ruf auf, bewertet man die Nutzung im selbstdarstellenden privaten Bereich. Spontan bewertet und mit Vorurteilen behaftet stellen diese Medien dem Narzissmus in unserer Gesellschaft in eine zentrale Rolle. Dass diese Tatsache nicht erstrebenswert ist, muss nicht erwähnt werden. Dennoch steckt mehr Potential in den zur Verfügung stehenden sozialen Plattformen. Gerade das nich Museums affine Publikum, das Museen eher als öde, ermüdend und langweilig stigmatisiert, lässt sich mit etwas mehr „hippen“ Verhalten motivieren ihre Einstellungen gegenüber dem bisher rein visuell wissensvermittelnden Museum zu überdenken.
Das HMB (Historische Museum Basel) geht dabei einen sehr offenen kommunikativen Weg. Sie ließen und lassen uns über ihren eigenen Blog an ihren Strategien teilhaben. (http://www.hmb.ch/blog/post/das-social-web-als-virtueller-ausstellungsraum.html) Hier erklären sie ihre Ziele, ihre Mittel und besprechen offen positive und negative Erfahrungen im Bezug auf die Umsetzung ihrer digitalen Strategie.
Aber nicht nur deswegen, sollten Ausstellungshäuser an ihrem webbasierten Auftritten arbeiten. Sie sollten es vielmehr als Chance begreifen sich zu modernisieren, etwas zu wagen und letztendlich wieder neue Besucher zu generieren. Dabei muss nicht jede Plattform, welche vom „www“ geboten wird, bespielt werden. Je nach Ausrichtung sollte man sich zwei oder drei dieser medialen Möglichkeiten herausgreifen und diese effektiv nutzen. Die Angst der Museen dabei selbst bzw. die gezeigte Kunst zu trivialisieren, ist unbegründet. Da man sich nicht nur selbstdarstellerisch, sondern auch ernsthaft an diesem Medienangebot beteiligen und für sich nutzbar machen kann.
Einigstes Augenmerk: Hat man sich einmal für eine Plattform entschieden, muss man auch am Ball bleiben, sonst wär alle Mühe umsonst. Denn das Netz ist schnelllebig und fordert Aktualität und Interessantes.
Diese Schnelllebigkeit kann aber auch dienlich sein, sollte sich eine Strategie als nicht erfolgreich herauskristallisieren, so kann man diese ändern oder optimieren und zügig an die Bedürfnisse der Besucher anpassen.
Positive Beispiele
Nachfolgend findet ihr ein paar ausgewählte Links, die gute Bespiele im Umgang mit digitalen und sozialen Medien bieten.
Hier das neuste Beispiel des innovativen Historischen Museums Frankfurter: http://blog.historisches-museum-frankfurt.de/?p=11931 via Whats-App-Liveticker gab’s am 31. Juli eine Stadterkundung im neuen Stil. Das Projekt hatte viele kreative und fleißige Hände, basierend auf dem Konzept von Lena Vöcklinghaus.
Oder auch das Frankfurter Stadtlabor vermittelt Stadtgeschichte auf neuen Wegen: http://gallus.stadtlabor-unterwegs.de
Das Neanderthal Museum ist kreativ im Umgang mit der Wissensvermittlung (Führungen), als auch im generellen Angebot an die unterschiedlichen Bedürfnisse seiner potentiellen Besucher (Workshops). Zur Erkundung des Museum, des Fundortes des Neanderthalers und des Kunstweges „Menschen Spuren“ gibt es eine App, die den Nutzer via neuster Beacon Technologie und QR-Codes informiert und auch noch nach dem Museumsbesuch über Neuigkeiten und Angebote aus dem Museumsshop oder Café in Kenntnis setzt. Ziel ist eine langfristige Bindung.
Eine solche App kann auch den Besuch der Parkanlage des Schloss Nymphenburg in München begleiten. Mit ihr wird man während seinem Rundgang über Historisches und Aktuelles mit Daten, Fakten und Zitaten über die Entstehungs- und Wandlungsgeschichte des Parks informiert. Und auch die jungen Parkanlagenbesucher werden mit einem Wissenspiel und einem Fasanenjagtspiel zur Erkundung animiert.
Fazit
Diese Beispiele zeigen einen positiven Umgang mit digitaler und medialer Präsenz im Museumswesen. Sie sind klar und informierend strukturiert und sind auch mit innovativen und kreativen Momenten versehen. Leider ist vermehrt noch festzustellen, dass Innovationen im Museumsbereich ihre Zeit brauchen. Vor allem in Deutschland scheinen die Räder im digitalen musealen Sinne etwas langsamer zu drehen. Auch wenn es Städte wie Hamburg gibt die mit ihrer beschlossenen Agenda 2020 großes vor haben. Konzepte in amerikanischen Museen, sind da bereits einige Schritte voraus (z.B. La Brea Tar Pits and Museum).
Momentan ist man wohl eher noch vornehm verhaltend. Aber eigentlich müsste es jetzt heißen: Weg mit der Scheu, auf ins digitale Zeitalter! Die Prognose von Daniele Turini vom Historischen Museum Basel lautet: Bis 2026 sind wir eine durch und durch durch-digitalisierte Gesellschaft!