Skip to content
ArtQuotient

Kunst. Kritik. Und mehr.

Primary Navigation Menu
Menu
  • Startseite
  • Blog
  • About AQ
  • Datenschutzerklärung

„smart as photography“

Veränderungen im Zeitalter der Smartphone Fotografie

„smart as photography“

Reflexion einer Interdisziplinären Tagung in Mannheim

Bedeutungsvolle Fragen sollten zur Sprache kommen, so suggeriert es der Flyer. Doch gleich zur Eröffnung wurde eingestanden, dass dies ein nicht zu erreichendes Ziel sein wird, auf diese Komplexität und Fülle der Fragen Antworten zu finden. So wurde – wohl wissend es nicht vollführen zu können – gleich zu Beginn das Ziel nivelliert. Aber auch nach zwei Tagungstagen wurden selbst die erhofften Denkanstöße in viel zu geringer Zahl getätigt. Die wirklich guten Vorträge blieben unkommentiert und undiskutiert in der Fülle der angerissenen Themen stehen. Obgleich das gestellte Tagungsthema frisch, weitestgehend unerforscht und zumindest für den Moment unüberschaubar schien, hätte ich mir doch eine geordnetere Struktur innerhalb des Tagungsverlaufes gewünscht. Ferner war die Anzahl an geladenen ausschließlich männlichen Referenten eine ungeschickte Auswahl, so ist es nahezu unvermeidbar, dass sich wieder einmal eine Genderdebatte eröffnet, in die eigentlich keine gehört.

Die Tagung der DGPh – Deutschen Gesellschaft für Photographie e.V. im Zeughaus des Reiss-Engelhorn-Museums Mannheim bot 13 Referenten aus diversen Arbeitsfeldern rund um Fotografie Raum und Platz sich mit dem Thema Smartphonefotografie auseinander zu setzten. Ziel war es, sich dem Sujet unter verschiedenen Fragestellungen zu nähern. Die folgenden Problemstellungen standen im Zentrum: Welcher Art der Beeinflussung von Smartphone-Fotografie unterliegt das Medium der Fotografie selbst? Beeinflusst sie die Position des Mediums als etabliertes Kulturgut? Welche Auswirkungen hat sie auf unsere Gesellschaft und auf uns selbst? Wie verändert es unsere Kommunikation und unser Verhalten? Verwirklicht sich durch das Smartphone der Traum von Fotografie als universaler Sprache? Wie wirkt sich die rasante Verbreitung der Smartphonefotografie ökonomisch aus?

Vornweg ist festzuhalten, dass die selbst eingestandenen Vorreiterposition des DGPh über das Themenfeld der Smartphone-Fotografie zu Debattieren, nur ein erster winziger Schritt gewesen sein kann, dem noch viele zu folgen haben. Und das man jetzt ohne zu stolz auf das Vollbrachte zu sein, gleich weitermacht muss, auch um noch fehlende Standpunkte zu erörtern. Nur so kann die angerissene Diskussion tatsächlich fruchtbar bleiben.

Tagung Tag 1 – Oder ein Abend voller Einleitungen…

Am Donnerstagabend am 3. November 2016 im Zeughaus in Mannheim wurde die interdisziplinäre Tagung zur Smartphone Fotografie „smart as photography – Die Wucht des Wandels“ eröffnet. Geworben wurde mit der Tatsache, dass die Deutsche Gesellschaft für Photografphie (DGPh) erstmals die Geschichte, die Möglichkeiten, sowie die Konsequenzen des elementaren Wandels des Mediums Fotografie, das mit den Nutzungsmöglichkeiten des Smartphones einhergeht, beleuchtet. Nachdem sich alle Unterstützer und Mitwirkende (Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim, Stadt Mannheim, BASF und DGPh) vorgestellt hatten und ihre Beweggründe erläuterten, weshalb es so ephemer war, ein derartiges Themenfeld zu bearbeiten, wurde die Tagung mit einem Vortrag des Kommunikationswissenschaftler Mikko Villi (Universität Jyväskylä) eingeleitet. Herausgestellt wurde zunächst, dass sich der Einsatz der Fotografie mit den Smartphone-Nutzungsmöglichkeiten gewandelt hat, hin zur Fotografie als Kommunikationsmittel. Fotografien mit dem Smartphone gehören in unserer heutigen westlichen Gesellschaft zum Kulturgut des „Sharings“ und der Connectivity. Man tauscht sich über die gängigen medial sozialen Plattformen mit dem Mittel der Fotografie über die alltäglichen Lebenswelt aus und schafft somit eine Verbindung mit anderen in Realtime, obwohl eine physische Abwesenheit vorliegt. Die Smartphone Fotografie fungiert hier als Distanzenüberwinder, die unsere globale Welt geschaffen hat.

Mit diesem Input wurden die Tagungsgäste anschließend vom Fotofestival Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg e.V. in das nebenan gelegenen Zephyr -Raum für Fotografie eingeladen. Passenderweise gleich in vielerlei Hinsicht, da sich auch hier eine Ausstellung zum Großthema Fotografie anbot. Dort konnte man bei einem netten Umtrunk mit den Organisatoren, Referenten und weiteren Gästen ins kennenlernende Gespräch vertieft Fotografien aus einem scheinbar weit hinter uns liegende Zeitalter der analogen Kunstfotografie betrachten. Die gezeigte Ausstellung „Girls*“ mit Bildern des berühmten US-amerikanische Pin-up Fotografen Peter Gowland bot einen lockeren, z.T. frivolen, aber eben daher völlig entspannten Rahmen, um sich anzunähern und erste Diskussionen zu führen.

Tagung Tag 2 und 3 – Gefüllt mit Interessantem, Wichtigem und interessant wichtig Gemachtem…

Der zweite Tagungstag startete vielversprechenden mit André Gunther, Professor für visuelle Geschichte an der École des hautes études und einer der führenden Experten für visuelle Kultur. Er referierte über die allgegenwärtige Bilderflut, die in den verschiedenen sozialen Medien über uns herein strömt, die beinah aus propagandistischen Zwecken auch von den Medien als solche genutzt werden. Sein Fazit: mit einer Fotografie steht nicht mehr die Visualität im Vordergrund, sondern vielmehr die Aussage, die damit getroffen wird: ICH WAR HIER! Das Smartphone-Bild und die Möglichkeit des (miteinander) Teilens offeriert jedem Individuum die Möglichkeit, die angestrebte Selbstvergewisserung, welche Position man innerhalb der Gesellschaft einnimmt, zu erhalten. Der Selfie-Fotograf besitzt die absolute Selbstkontrolle über das Selbstgemachte (self-made + self-control).
Auf Grund dieser Flut der Bilder, die scheinbar immer mehr über uns herein strömt. Auch von den selbst inszenierten Lebenswelten, wird ein Gefühl der Übermacht an Bilder geschürt, die per se gar nicht der Realität entspricht. So stellte Peter Vorderer, Professor für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Mannheim, heraus, dass kein Trend zu mehr fotografischen Engagement vorliegt. Verändert hat sich allein die Nutzung im Zuge des Medienwandels – die mobile Internetnutzung wird alltäglich. Der Verbraucher und Nutzer lebt in einem Zeitalter der ständigen Erreichbarkeit und Verbundenheit. Die Nutzungsbedingungen reichen von der Unterwegs-Nutzung, zur Parallel- bis hin zur Nebenbei-Nutzung. Man changiert permanent zwischen Empfang (reception) und Kommunikation. Wir sind mit unseren Smartphones umgeben von diversen Nutzungsmöglichkeiten und verwenden diese je nach Bedarf. Sich dem zu entziehen, ist nur noch möglich, wenn man sich bewusst abwendet vom Smartphone oder gar gänzlich auf eine Anschaffung verzichtet. Ist man Nutzer eines Smartphones, befindet man sich mitten im Medienwandel.

Besonders interessant aus medientheoretischer und psychologischer Hinsicht waren die Vorträge von Jens Ruchatz (Professor für Medienwissenschaft an der Universität Marburg) und Gerald Cupchik (Professor für Psychologie an der University of Toronto). Beide referierten über die Veränderungen, die das Medium der Smartphonefotografie mit sich bringt. So stellte sich Ruchatz die Frage, ob diese fotografischen Praktiken eine neue Genreästhetik ausbilden? Und ob dieser Art der Fotografie eine bestimmte Ästhetik anzusehen ist, die auf ihren Ursprung verweist?
Eine zentrale Position erhält die Porträtfotografie, welche das innere Subjekt nach außen zu kehren vermag. Bei der Selfie-fotografie hingegen kommt das Momentum des Zeigens von sich selbst an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit hinzu. Das fotografierende Subjekt wird Teil der fotografierenden Objektwelt und kehrt damit das klassische Dispositiv (Subjekt wird von Objekt fotografiert) um. Cupchik greift das Selbst fotografieren auf und erweitert die Fragestellung zu : „Are we aware of our self, while we taking pictures?“ Er sieht die Fotografie des Selfies als Spiegel unseres Lebens. Diese Fakten unseres Lebens wollen wir mit anderen Teilen, um uns wiederum selbstzuvergewissern. Sein Fazit als einziger auf dieser Tagung: „Take the place behind the camera, reduce speed and increase opportunity of reflections – relife the moments!“ Sein Weg deutet eine Entschleunigung an, während dieser man sich wiedermehr auf sich, als selbstreferenzielle Person, bezieht und nicht als Wesen, dass sich möglichst ideal im Weltgefüge einzugliedern hat.


Ein Einblick in die Praxis

Einblicke in die praktischen Perspektiven gab der französische Fotojournalist Bruno Boudjelal. Er berichtete, wie er zunächst gezwungen war auf die Smartphonefotografie zurückzugreifen, nun aber explizit mit ihrer ästhetischen Wirkung arbeitet. In verschiedenen Regionen Afrikas oder in den düsteren Vororten Paris tätig, ist es ihm mittels Smartphone Fotografie möglich Momente festzuhalten, sowie Gegebenheiten zu dokumentieren, wie es mit einem professionellen Kameraequipment nicht möglich wäre. Er nutzt explizit die kleinere Lösung mit dem Smartphone, um im Verborgenen zu arbeiten und so auch Gefahren zu vermeiden. Die dabei entstehende veränderte Qualität, wie Unschärfe, Bewegung, Flüchtigkeit, gibt den Bildern eine bestimmte ästhetische Wirkung und integriert sich daher nahtlos ins künstlerische Gesamtkonzept.

In diesen Bereich hätte auch ein Vortrag von Rosa Roth gehört, die hier nur in äußerester Kürze ihre Zielsetzung darlegen konnte. Sie ist Gründerin und editor-in chief von THE SMART VIEW, ein Print-Magazin, dass sich der mobile photography verschrieben hat. Vielleicht ja beim nächsten Mal!

Seitenhieb
Der Vortrag des freien Kulturjournalist Markus Weckesser galt mehr einer Selbstinszenierung, als das es das Thema mit seinen so vielfältigen Schwerpunkten vorangetrieben hätte. Als Koordinator für die DGPh Workshopreihe „be smart“, welche initiiert wurden, um im Rahmen der Tagung ein Nachhaltiges Projekt zu etablieren, referierte er über Gedanken, Ziele und Resultate der Initiative. Hierzu gab es u.a. eine enge Zusammenarbeit mit einer Flüchtlingsunterkunft in Mannheim, die unbegleiteten Flüchtlingsjugendlichen eine vorrübergehende Heimat zu bieten versucht. Mit Hilfe der Smartphonefotografie sollte den jungen Männern ihre neue Heimat näher gebracht werden. Wie schwierig sich dieses Unterfangen gestaltete, musste die Initiatoren bald selbst feststellen. Auch wenn der Ansatz, sich derart für junge Flüchtlinge einzusetzen, richtig ist, wird der Tatbestand nicht nobler, wenn man in Überlänge darüber referiert!


Technische Expertise

Positionen des eher technischen Bereiches nahm Andreas Gebhard (Getty Image) ein. Er setzte die „Stunde Null“ für die Smartphonefotografie auf das Jahr 2007, als das erste iPhone auf den Markt gebracht wurde. Denn auch wenn es bereits mittels MMS möglich war Bilder zu versenden und zu empfangen, barg dieser Weg noch Schwierigkeiten und Hürden (Kostspielig, Langwierig, Umständlich), welche die breite Masse noch nicht bereit war auf sich zu nehmen. Erst mit der Erfindung des Smartphone und der parallel dazu fleißigen App-Entwickler-Branche schienen das Erstellen, das Nutzen und das Verbreiten von Bildern derart revolutioniert, dass die Bilderflut ihren Lauf nahm. Mit der Möglichkeit des zeitnahen „sharens“, wird eine Unmittelbarkeit kreiert, die Authentizität suggeriert – diese Kultur der Bilder verifiziert Echtheit, Wahrheit, Genauigkeit, Zuverlässigkeit. Die technische Herausforderung besteht nun an den wachsenden Anforderungen der User hinsichtlich von Qualität und Equipment. Das Smartphone muss immer präzisere Qualität liefern bei gleichbleibender Handhabbarkeit. Dabei gilt bei der Entwicklung der Leitsatz: „Good enough is often good enough!“
Auf die genauen technischen Herausforderungen bei der Weiterentwicklung ging Benjamin Dueck (Leica Kamera AG Wetzlar) ein und gab einen Einblick die die Neuerungen der Smartphonefotografie. Die Firma Leica arbeitet intensiv mit dem Handyhersteller Huawai zusammen und entwickleten das P9 mit zwei Linsen, um besser Ergebnisse im LowLight Bereich zu erzielen. Diese Neuerungen wurde bereits auf der Photokina 2016 vorgestellt. Das Huawai Mate 9 hingegen wird erst im November auf den Markt kommen. Die in diesem Smartphone integrierte Kamera wird vor allem im Bereich des Zoom verbesserte Qualität aufweisen. Es bleibt also weiterhin spannend, wo uns die Reise als User dieser Technologie noch hinführen wird.

In die rechtlichen Hürden führte Rechtsanwalt Felix M. Michl ein. Er verweist einmal mehr auf die Tatsache, dass auch das Rechtssystem dem technischen Fortschritt hinterher hinkt, da es mit der Smartphonefotografie eine quantitative Erhöhung von unfreiwilligen Fotos und deren Veröffentlichungen gibt. Keiner weiß, auf wie vielen Snapschüssen er zu sehen ist. Rechtlich befinden sich viele Veröffentlichungen im Moment noch in einem undurchsichtigen Rahmen.

Be continued…
So ging die Tagung, wie zu erwarten war und auch zu Beginn gleich eingestanden wurde, mit noch vielen offenen Fragen zu Ende. Es bleibt abzuwarten, wie die DGPh ihre Vorreiterrolle sich mit dem Thema der Smartphonephotography auseinanderzusetzten weiterhin nachkommt.

Da die Vorträge von der Firma artmetropol.tv und in Kooperation mit der FAZonline aufgezeichnet wurden, besteht die Möglichkeit sie nun auch auf einem Youtube-Channel nachzuhören.

2016-11-23
On: 23. November 2016
In: Allgemein
Previous Post: Der Einzug von „eCulture“ im Museum
Next Post: Visionen vom Sehen und Wahrnehmen…

Neueste Beiträge

  • Wie ein Ire Abstraktion neu interpretiert!
  • Lichtmomente: Stimme des Lichts – Delaunay, Apollinaire und der Orphismus
  • Wie peinlich!!! In front of Robert Longo
  • Happy Birthday, Cézanne! – Cézanne. Metamorphosen. Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
  • Umgetauft: Biennale für aktuelle Fotografie

Archive

  • Juni 2018
  • April 2018
  • März 2018
  • Januar 2018
  • Oktober 2017
  • Juli 2017
  • Mai 2017
  • April 2017
  • März 2017
  • Februar 2017
  • Dezember 2016
  • November 2016
  • August 2016
  • Mai 2016

Schlagwörter

Abstrakter Expressionismus Abstraktion ausstellung Bad Painting Biennale für aktuelle Fotografie Cartoon Culture Cézanne Deichtorhallen Hamburg doug aitken. schirn frankfurt Dualität Farewell Photography Frankfurt am Main Heidelberg ICE-Box Painting Imagine Insets Jackson Pollock John Lennon Kunsthalle Mannheim Kunstverein Heidelberg Kuratorenführung Kurpfälzisches Museum Landschaftsmalerei mannheim Metamorphosen Moderne OFF // Foto 2017 Fotofestival Peter Saul Polytyptichon port 25 Porträmalerei PROOF Robert Longo Sammlung Prinzhorn San Francisco Funk SCHIRN Sean Scully Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Staatsgalerie Stuttgart Stillleben Surrealismus US-amerikanischer Maler Vita Duplex Wegbereiter zephyr

Datenschutzerklärung Designed using Dispatch. Powered by WordPress.