
Die 14. art KARLSRUHE –
war sie wirklich politischer, wie je zuvor?
Ein Testlauf
Proklamiert in der Vorberichterstattung wird die politische Seite der Kunstmesse in Karlsruhe (16.-19.02.2017). Per se wäre das einer Messe über moderne und zeitgenössische Kunst ja zu zutrauen. Schließlich ist die weltpolitische Situation nicht erst seit der letzten us-amerikanische Präsidentschaftswahl ins Wanken geraten. Spätestens seit dem Flüchtlingsstrom, der 2015 auch Deutschland erreicht hat, mussten sich sukzessive auch Mitteleuropäische Länder ihrer distanzierten Haltung gegenüber sozialen Ungerechtigkeiten in anderen scheinbar so fernen Ländern entledigen. Die Biennale in Berlin machte deutlich, dass das Genre des Films politische prekäre Momento vorweggenommen hat. Ebenso die diesjährige Venedig Biennale, die sie sich mit dem allumfassenden Thema der Flüchtlingskrise beschäftigt. Wie sieht es da mit der kleineren beschaulicheren Kunstmesse in Karlsruhe aus?
Was bietet also die art Karlsruhe zu diesem Thema bzw. die 211 Galerien aus elf Ländern?
Nach dem Messebesuch muss ich feststellen, dass die Messe diesem Statement nicht gerecht wird, Aktuelle politische Positionen werden im Angesicht der Ausstellungsfülle nur am Rande verhandelt. Klar hängt hier und da ein Abbild von Trump, auch geht der ein oder andere Künstler der Gegenwartskunst die Flüchtlingsthematik an, doch von einer stärkeren Positionierung im Bereich Politik kann nicht gesprochen werden.
Wird die Aussage von Britta Writz, Geschäftsführerin der Karlsruher Messe- und Kongress GmbH, erfüllt: „Unsere Messe sehen wir als Gegenentwurf zum elitären Kunstbetrieb und zur Kunst als Investitionsgut. Wir bieten eine Plattform für Kunstvermittlung und Kunsthandel, auf der die Besucher den Galeristen und Künstlern auf Augenhöhe begegnen.“ ?
Ja, die Messe macht definitiv Freude und das für ein breites Spektrum an Besuchern. Man trifft auf Sammler und diejenigen die es werden wollen, vielleicht auch einen Prominenten bzw. Semiprominenten. Man kann erahnen, dass es für manch einen Besucher problemlos möglich ist, ein Werk im Wert von 100.000 € zu ergattern. Dennoch werden zwischen hochkarätigen Werken auch Werke aus einem niedrigen hundert-stelligen Bereich angeboten und so ist auch für einen Sammler mit kleinerem Geldbeutel etwas zu finden. Doch auch Besucher, die sich aus Interesse an Kunst und dem aktuellen Kunstmarkt einfach mal umschauen wollen, fühlen sich hier wohl. So sind es Paare, Freundesgruppen und auch Familien mit ihren Kindern, die sich mit Begeisterung durch die Hallen bewegen. Sie lassen sich leiten von einem persönlichen Gefühl des likens und dislikens.
Bei der Frage nach dem Zeitgeist von Präsentation und Publikumskommunikation gerät die Messe für zeitgenössische Kunst leider schnell ins Hintertreffen!
Denn was man mag und was nicht, wird auf der art Karlsruhe noch analog bewertet. Im Bereich des Digitalen und Medialen ist die Messe für Gegenwartskunst völlig unterbesetzt. Daher sind nur von wenigen medienaffinen Besuchern und auch nur vereinzelt Kommentare auf den sozialen Plattformen zu finden. Diese zu bündeln oder gar anzuleiten und zu Kommentaren aufzufordern oder noch „Innovativer“: die Messe mit einem Instawalk einzuleiten, wäre wohl möglich eine Idee für´s kommende Jahr! Ebenfalls sollte die Erarbeitung einer App für die Messekonzeption im Jahr 2018 im Vordergrund stehen , die den Besucher durch die Hallen leitet. Sonst kann es der art Karlsruhe nicht dauerhaft gelingen an Zahn der Zeit zubleiben, denn eine Messe für Klassische Moderne und Gegenwart muss auch mit Nachdruck in der Gegenwart stattfinden.
Gesprächsrunden im Check
Wie schwer es fällt, in allen Bereichen zeitgemäß zu präsentieren, konnte ebenso anschaulich in der Diskussionsplattform ARTIMA art meeting bestaunt werden. Mit dem Thema „Gestaltung in digitalen Zeiten“ wurde zwar mit prominenten Persönlichkeiten gesprochen, wie dem Kunstwissenschaftler und Privatdozenten an der HfG Karlsruhe Dr. Daniel Hornuff, der diesjährigen Kuratorin des deutschen Pavillons der Venedig Biennale Susanne Pfeffer, und dem deutsche-norwegischer Filmemacher und Medienkünstler Björn Melhus. Die Fragen des Diskussionsmoderators blieben aber weit hinter den Erwartungen zurück. Abzulesen auch an der Publikumsredaktion. So waren die Ränge zu Beginn voll besetzt und lichteten sich innerhalb der einstündigen Diskussionsrunde merklich. Eine Aufforderung dem Publikum gegenüber, sich gern mit Fragen zu beteiligen, erlosch schnell und so wurden außer Anmerkungen keine anregenden Gedanken in die Runde integriert.
Ähnlich schleppend das Interview von monopol talk mit dem diesjährigen Hans-Plaschek-Preis Gewinner Jonathan Meese. Die, für den am Flughafen in Berlin festsitzende Moderator, spontan eingesprungene Kollegin von SWR2 vermochte es nicht, sich mit Meese in ein gedankenaustauschendes Gespräch zu vertiefen. Zu Beginn des ohnehin kurzen Interviews (30 Minuten) klangen Meeses Forderungen nach einem Machtwechseln im Sinne der Kunst noch einigermaßen ansprechend, zunehmend entlud sich seine manifest-artige Ansprache in einer nicht mehr enden wollenden Wiederholungsschleife. So kam es, dass seine so hochgelobten Wortkreationen und sein nun preisgekrönter Umgang mit dem deutschen Vokabular ermüdend und wenig innovativ wirkten.
Jonathan Meese gefeiert als neuer Messias der Kunst, der von oben herab weltverbesserlich auf uns herab blickt: soll er wirklich die künstlerische Antwort auf die aktuelle weltpolitische Situation sein ?