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Julian Rosefeldt MANIFESTO. Eine Star-Installation auf Welttournee

Tourplan einer Installation

Weltpremiere hatte das neue Werk des Künstlers im Dezember 2015 in Melbourne, Australien. Dann kam es für die Deutschlandpremiere im Februar 2016 nach Berlin. Um anschließend durch Deutschland, Europa und schlussendlich durch die ganze Welt zu touren: von Februar bis November im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwartskunst in Berlin, von Dezember 2016 bis Mai 2017 in der Staatsgalerie in Stuttgart und von Februar bis Mai 2017 in der Villa Stuck in München. Auch zu sehen war es und wird es noch sein in Aarhus, Paris, New York… Man muss diese lange Liste an Folgeausstellungen schon fast als Tour bezeichnen. Das Werk ist sozusagen der Pop-Star oder eher Rock-Star?! unter den Filminstallationen. Seine Bühne bilden die Museen, sein Publikum die Rezipienten. Dass die Filminstallation von Julian Rosefeldt etwas ganz besonderes sein muss, erkennt man nicht nur am Tourplan, ebenso lang ist die Liste der Förderer, Unterstützer und Produzenten des Projektes. Zu ihnen zählen das Australian Centre for the Moving Image Melbourne, die Art Gallery of New South Wales Sydney, die Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin, das Sprengel Museum Hannover, die Ruhrtriennale, die Burger Collection Hongkong, Medienboards Berlin-Brandenburg und der Bayerischen Rundfunk.

Das Kunstmagazin Monopol widmete ihr nicht nur eine Ausgabe, sondern gleich vier. Im Mai 2015 stellte sie das Projekt vor und zeigte Cate Blanchett in vier Rollen in vier Ausgaben.

Wenn einem Kunstwerk nun eine derartige Aufmerksamkeit zuteilwird, muss auch der Inhalt einmal gründlich überprüft werden. Schließlich darf man nicht alles für bare Münze nehmen, was einem die Öffentlichkeit als besonders Wichtig und Interessant proklamiert. Also habe ich mir die Installation in der Staatgalerie in Stuttgart angeschaut. Diese darf die 13-teilige Filminstallation MANIFESTO als Neuerwerb präsentieren, dank der großzügigen Unterstützung der Freunde der Staatsgalerie – Stuttgarter Galerieverein.

Also habe ich mir 2,5 Stunden Zeit genommen – dies ist die Gesamtlänge der filmischen Arbeit  (bis auf das Intro sind alle Loop 11 min lang) – und habe sie näher unter die Lupe genommen.

Manifeste – seit der Moderne eine feste Instanz, um die Gedanken für die zumeist junge Generation zum tradierten Welt- und Kunstgeschehen imposant, markant und zumeist provokativ zu äußern! Diesen Grundgedanken nutzt Julian Rosefeldt und macht aus den Schriften Marinettis, Kandinskys, Gabos, Malewitsch, Fontanas, Marx und Engels, Bretons, Schwitters und vielen mehr filmische Sequenzen. Rosefeldt editierte hierfür die unterschiedlichsten Manifeste aus Kunst, Architektur, Tanz und Theater neu. So fügte er Textpassagen aus Dadamanifesten von Tristan Tzara, Francis Picabia, Luis Aragon zusammen und lies sie durch eine Trauerrednerin in melancholischer Stimmlage verkünden. In einem der Filmwelten interviewt die Nachrichtensprecherin Kate sinnbildhaft die Reporterin Cate und lässt dabei die Doppelgängerinnen über Sturtevant „Der Mensch ist ein Doppelgänger ist eine Kopie ist ein Clon“ periphrasieren. Eine Lehrerin, Choreografin, Hausfrau und Mutter, Brokerin, Punkerin, Obdachloser und weitere Charaktere referieren ihre Formulierungen und Forderungen in ihrer neuen Umgebung. Als verbindendes Element zwischen den 12 in Genre und Bild verschiedenen Videoinstallationen, brilliert die fabelhafte Cate Blanchett. Der erste Eindruck hält meinen Erwartungen folglich stand. Die filmische Umsetzung ist nicht allein wegen Cate nahezu perfekt. Der Zuschauer erkennt in jeder Installation eine Detailgenauigkeit, die zum Perfektionismus neigt. Szenerie, Habitus und Sprachklang sind stimmig auf das jeweilige geäußerte Manifest abgestimmt. Cate Blanchett gab jedem dieser öffentlichen Erklärungen eine eigene Wesensstruktur. Ob mit schottischem, amerikanischem Dialekt oder osteuropäischer Akzent, jede Figur erhielt eine markante Eigenheit und mit großem schauspielerischem Talent verschmolz sie selbst mit der jeweiligen Gestalt. Die Unterschiedlichkeit der einzelnen Videoinstallationen wird regelmäßig mit einem monotonen Sprechfluss zusammengeführt. Dann wenden sich alle Rollen zum gleichen Zeitpunkt von ihrer bisherigen Szenerie ab und wenden sich dem Betrachter zu, um im Einklang zu ihm zu sprechen. Nach wenigen Sätzen wird dieser gespenstige Chor wieder aufgelöst und das jeweilige Szenenspiel verläuft weiter.

Kunstvoll wirkt das Ganze besonders aufgrund der heteronomen Manifesttexten, die nicht schlicht rezitiert werden, sondern collagiert zusammengefasst werden und durch Sprachrhythmus und -klang, zu einer monologisierten Textpassage zusammengefügt wurden. Cate vermag es, diese theoretischen Texte derart emotional und pamphletartig vorzutragen, dass es für das allgemein Verständnis Rosefeldts Arbeit nicht zwingend notwendig ist, den Inhalt der Monologtexte Wort für Wort zu verstehen.

Ein Manko in der sonst so perfekten Filminstallation

Als einziges Manko ist die Umsetzung des Situationismus zu erwähnen. Hier stößt die äußerst wandelbare Schauspielerin bedauernswerterweise an in Grenzen des Darstellbaren. Filmbild und Maske sind perfekt umgesetzt. Auch in der schauspielerischen Umsetzung kann man einen direkten Fehler nicht erkennen. Und doch sticht diese Installation als einzige negativ ins Auge. Weshalb musste es hier unbedingt eine männliche Person sein? Wäre vielleicht mit einem weiblichen Obdachlosen, dieser Makel nicht hervorgetreten? Denn diese Arbeit zeigt als Einzigste auf, das auch Cate Blanchett als Schauspielerin in ihrer Wandelbarkeit Grenzen gesetzt sind. Die Rolle als männlicher Obdachlose überzeugt nicht gänzlich. Man kann an unterschiedlicher Stelle die Anstrengung, die in der Rolle liegt spüren. An anderer Stelle wirkt die Verschmelzung zwischen darzustellender Protagonistin und Schauspielerpersönlichkeit durchweg perfekt gelungen. Vielleicht tritt diese Unstimmigkeit aber auch nur zu Tage, da es sich sonst, um eine detailversessen umgesetzte Filminstallationsarbeit handelt.

Bis auf diese Unstimmigkeit, die mich nach den Beweggründen suchen lässt, wieso die Entscheidung zu einem einzelnen männlichen Protagonisten gefällt worden ist, kann man dem Werk MANIFESTO definitiv nur ein ♥ LIKE ♥ verpassen, um auch der Kunstkritik in den neumodischen Sprachtransfer zu helfen, ähnlich wie es der Künstler schafft, historische Manifeste mit Hilfe von bilddarstellerischen Mitteln ins Jetzt zu transferieren und ihnen damit Aktualität zu verleihen.

Manifeste der Kunst verfilmt und gemixt mit Schauspielkunst – momentan noch in der Staatsgalerie Stuttgart

A post shared by AQ – Art Quotient (@artquotient) on Apr 7, 2017 at 6:46am PDT

 

2017-04-28
On: 28. April 2017
In: Allgemein, Ausstellungsbesprechungen
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